Deutsch-französisches Forschungsatelier: Bürgernahe Ziviljustiz 2.0

Im Jahr 2013 fand das erste deutsch-französische Forschungsatelier der Universitäten Erlangen-Nürnberg, Lyon 3 und Saint-Étienne zum Thema „Die bürgernahe Ziviljustiz in Deutschland und Frankreich“ statt. Seitdem hat sich viel getan: Die Diskussionen um eine Digitalisierung der Ziviljustiz haben in Deutschland und in Frankreich deutlich Fahrt aufgenommen. Zudem entwickelt sich, zumindest in Frankreich, nach und nach eine Kultur der einvernehmlichen Streitbeilegung. Elf Jahre nach der ersten Veranstaltung gilt es daher, dieses so wichtige Thema einer Aktualisierung zu unterziehen.
Am 12. und 13. März 2024 werden etwa 50 deutsche und französische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Promovierende und Studierende für rechtsvergleichende Überlegungen zur bürgernahen Ziviljustiz an der Universität Lyon 3 zusammenkommen.

Abschlussbericht „Die obligatorische Schlichtung im Zivilprozess in Deutschland und Frankreich“

Drei Jahre lange durfte ich, mit einem tollen Team der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des CERCRID (Universität Saint-Etienne/Frankreich) die obligatorische Schlichtung im Zivilprozess in Deutschland und Frankreich rechtsvergleichend erforschen.

Die Arbeit wurde vom Institut des études et de la recherche sur le droit et la justice unterstützt.

Der Abschlussbericht und eine Zusammenfassung sind nun unter https://gip-ierdj.fr/fr/publications/mediation-conciliation-proces/ erschienen.

Eine Vorstellung der Ergebnisse in deutscher Sprache und für die deutschen Akteure der obligatorischen Schlichtung ist bereits in Arbeit.

Künstliche Intelligenz in der Ziviljustiz

In einem Legal Tech Labor 2.0: Forschungs- und Schreibatelier „Digitalisierung des Zivilprozesses“ konnten wir am 11. Juli 2023 über einzelne Aspekte des Einsatzes von KI in der Ziviljustiz diskutieren.

Die Videos der Vorträge vom 11.7.2023 sind nun online verfügbar:

  • Psychologische Perspektive auf KI, Digitalisierung und algorithmische Entscheidungen im Kontext der Digitalisierung der Ziviljustiz (Dr. Jonas Ludwig, Tel Aviv)
  • Einsatz von KI zur Anonymisierung von Gerichtentscheidungen (Michael Keuchen, FAU)
  • Digitalisierung von Justiz und Haftungsrecht – Wechselwirkungen?
    Zur Staatshaftung für den Einsatz von KI in der Justiz (PD Dr. Martin Zwickel, Maître en droit, FAU)

Die Videoaufzeichnungen der Vorträge sind unter folgendem Link abrufbar: https://www.digitalisierung-zivilprozess.fau.de/2023/07/17/die-videos-der-vortraege-vom-11-7-2023-sind-online/

Künstliche Intelligenz in der Ziviljustiz im Legal Tech Labor 2.0

In unserer nächsten Veranstaltung des Legal Tech Labors 2.0: Digitalisierung des Zivilprozesses wollen wir den Blick ganz gezielt auf den Einsatz von KI in der Ziviljustiz richten und bisher wenig beleuchtete Fragen thematisieren. Am 11.7.2023 stehen im Rahmen einer hybriden Veranstaltung (Zoom und Präsenz) folgende Vorträge auf dem Programm:

  • Psychologische Perspektive auf KI, Digitalisierung und algorithmische Entscheidungen im Kontext der Digitalisierung der Ziviljustiz (Dr. Jonas Ludwig, Tel Aviv)
  • Einsatz von KI zur Anonymisierung von Gerichtentscheidungen (Michael Keuchen, FAU)
  • Digitalisierung von Justiz und Haftungsrecht – Wechselwirkungen?
    Zur Staatshaftung für den Einsatz von KI in der Justiz
    (PD Dr. Martin Zwickel, Maître en droit, FAU)

Alle Interessierten (Studierende, Promovierende, Wissenschaftler/-innen, Rechtspraktiker/-innen) sind sehr herzlich eingeladen.

Das Programm und eine Anmeldemöglichkeit finden sich unter https://www.digitalisierung-zivilprozess.fau.de/.

Legal Tech Labor 2.0: Digitalisierung des Zivilprozesses – Jetzt anmelden!!

Am 23. und 24. März 2023 veranstalte ich mit ELSA Erlangen-Nürnberg ein Forschungs- und Schreibatelier zur Digitalisierung des Zivilprozesses. Das Legal Tech Labor 2.0 findet in einem hybriden Format (Präsenz/Zoom) statt.

Themen

  • Strukturierung von Verfahren und Prozessstoff
  • Digitale Verfahrensführung im Zivilprozess der Zukunft
  • Verfahrensabschluss (Entscheidungsassistenz, Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen)

Ablauf

  • Im Forschungsatelier arbeiten die Teilnehmenden, nach Impulsen, gemeinsam in Workshops an innovativen Ideen für bestimmte Facetten der Digitalisierung des Zivilprozesses. In den Workshops werden zusätzlich rechtsvergleichende Ideen/Ansätze beigesteuert.
  • Im (kurzen) Schreibatelier besteht, nach einer Einführung in die Grundsätze wissenschaftlichen Schreibens, Gelegenheit, gefundene Ideen in Gruppen oder alleine unmittelbar zu Papier zu bringen. Die Ergebnisse des Schreibateliers bilden die Basis für eine Veröffentlichung in einem Tagungsband.

Weitere Infos und Anmeldung

Weitere Infos und die Möglichkeit zur Anmeldung finden sich unter https://www.digitalisierung-zivilprozess.fau.de/

Jetzt unter https://www.digitalisierung-zivilprozess.fau.de/ anmelden – es sind noch Plätze frei!

Selbstverständlich ist auch eine Zoom-Zuschaltung zu einzelnen Teilen des Programms möglich.

Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen: Ergebnisse einer Umfrage bei den EU-Mitgliedsstaaten

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung heißt es: “Gerichtsentscheidungen sollen grundsätzlich in anonymisierter Form in einer Datenbank öffentlich und maschinenlesbar verfügbar sein.” Über eben jene Veröffentlichung möglichst aller Gerichtsentscheidungen wird seitdem in der juristischen Fachöffentlichkeit viel diskutiert. Das OLG Celle hat die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen am 14.12.2022 unter dem Titel “Sind Urteile für alle da?” mit einer sehr aufschlussreichen Podiumsdiskussion in den Blick genommen. 

Auch auf europäischer Ebene gibt es interessante Informationen zur Thematik: 

Die französische Präsidentschaft des Rats der EU hat bei zahlreichen Mitgliedsstaaten den aktuellen Stand in Sachen “Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen” abgefragt und einen vergleichenden Bericht erarbeitet. 

Überblick über die Inhalte des Berichts

Fünf Erkenntnisse gehen aus dem Bericht hervor: 

  1. Alle befragten Staaten arbeiten an einer digitalen Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen, das aber in ganz unterschiedlichem Umfang. Teilweise steht für Mitgliedsstaaten (wie z. B. Frankreich) schon fest, dass perspektivisch alle Gerichtsentscheidungen veröffentlicht werden sollen (dazu Zwickel, RohR 2021, 132 ff.). Die meisten Mitgliedsstaaten veröffentlichen nur eine Auswahl an Entscheidungen. 
  2. Gründe, die die Veröffentlichung im Einzelfall beschränken können, sind Rechte und schutzwürdige Interessen der Betroffenen einerseits oder Relevanzkriterien (wie z. B. die deutsche Veröffentlichungswürdigkeit) andererseits.
  3. Alle befragten Mitgliedsstaaten nehmen eine Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung vor der Veröffentlichung vor (per KI, automatisiert oder händisch).  
  4. Nur ein kleiner Teil der befragten Staaten schränkt die Verwendung der veröffentlichten Gerichtsentscheidungen durch Spezialregelungen ein. Schon seit 2019 ist es etwa in Frankreich verboten, die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen im Hinblick auf Identitätsdaten von Richtern und Justizangehörigen mit dem Ziel oder der Wirkung auszuwerten, eine Bewertung, Analyse, Vergleich oder Vorhersage ihrer tatsächlichen oder angeblichen Berufspraktiken zu erhalten. 
  5. Von Ausnahmefällen abgesehen gibt es keinerlei Streitbeilegungseinrichtungen oder Kontrollinstanzen im Hinblick auf die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen. 

Link zum Bericht

http://www.justice.gouv.fr/_telechargement/rapport_pfue_sem_cmjn.pdf

Fazit

Es zeigt sich deutlich, dass nahezu alle EU-Mitgliedsstaaten im Bereich der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen aktiv sind. Es ist daher an der Zeit, dass in Deutschland nicht mehr über das (seit der Entscheidung des BVerwG vom 26.2.1997, 6 C 3.96 ohnehin schon als verpflichtend gesetzte) “Ob” der Veröffentlichung aller Gerichtsentscheidungen diskutiert wird, sondern über das “Wie”. 

Folgende (nicht abschließenden) Fragen zeigen den großen Diskussions- und Abstimmungsbedarf beispielhaft auf: 

  • Welchen Grad an Anonymisierung/Pseudonymisierung brauchen wir? 
  • Sollten alle Gerichtsentscheidungen gleichrangig und unselektiert veröffentlicht werden oder brauchen wir eine gewisse Hierarchisierung (etwa nach Instanz)?
  • Brauchen wir eine Markierung wirklich relevanter Entscheidungen (z. B. bei Rechtsprechungsänderungen) durch das erkennende Gericht?
  • Macht die massenhafte Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen eine Änderung der Arbeitsweise von Gerichten und Rechtsanwaltschaft im Umgang mit Präjudizien erforderlich (z. B. Angabe nur des Aktenzeichens und eines Kategorisierungsmerkmals für den Grund des Zitats, wie “abweichende Rechtsprechung”, “Bestätigung”, etc. statt Wiedergabe von Entscheidungsinhalten durch wörtliche Zitate)?
  • Muss die Auswertung der Entscheidungsdaten durch Rechtsregeln gelenkt werden (z. B. Verbot von Rückschlüssen auf die Tätigkeit einzelner Richter/-innen)?
  • Wer kontrolliert die Anonymisierung und Veröffentlichung?
  • Wie müssen Wissenschaft und Juristenausbildung künftig mit der neuen Fülle an Argumentationsmaterial in Form von Gerichtsentscheidungen umgehen?  

Neuerscheinung: „Digitalisierung von Zivilprozess und Rechtsdurchsetzung“

Das von mir mit herausgegebene Werk „Digitalisierung von Zivilprozess und Rechtsdurchsetzung“ ist soeben im Verlag Duncker&Humblot erschienen.

Weitere Infos zum Werk erhalten Sie im Flyer:

Zielstellung

Die Digitalisierung der Ziviljustiz ist derzeit in aller Munde. Im Januar 2021 hat die Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses“ ein Diskussionspapier vorgelegt, das seitdem vielfach Gegenstand von Diskussionen und Veranstaltungen war. Wie auch unsere Online-Tagung vom 1. und 2. Juli 2021, deren Beiträge und Ergebnisse das Werk dokumentiert, soll es die bisherigen Überlegungen in mehrfacher Hinsicht erweitern:

  • In dem Tagungsband werden rechtliche Fragen der Digitalisierung des Zivilprozesses diskutiert und um die Expertise aus der Informatik ergänzt.
  • Praktische und interdisziplinäre Betrachtungen finden ihren Platz. So wird z. B. die automatische Prüfung von Einkommenssteuererklärungen der Steuerverwaltung auf ihre Vorbildfunktion für die Ziviljustiz untersucht. Schließlich werden Beiträge von Kommunikationspsychologen, Gerichtsvollziehern und Akteuren der einvernehmlichen Streitbeilegung einbezogen und rechtsvergleichende Erfahrungsberichte berücksichtigt.
  • Auch verfassungsrechtliche Aspekte vermögen die Reformüberlegungen zu bereichern.

Inhalte

Den Ausgangspunkt der Betrachtungen bildet eine Standortbestimmung, die das Spannungsfeld zwischen „Digitalisierung und Rechtsdurchsetzung durch Justiz versus Private“ analysiert. Die weiteren Teile orientieren sich an zentralen Herausforderungen der Justizdigitalisierung:

  • Strukturen von Daten und Verfahren als Voraussetzungen digitalen Prozessierens
  • Automatisierung des Zivilprozesses
  • Kommunikation im digitalen Zivilprozess der Zukunft
  • Digitalisierung der Rechtsdurchsetzung

Insgesamt zeigt der Band deutlich, dass in den Überlegungen zur Digitalisierung des Zivilprozesses ein ständiger, kleinschrittiger Abgleich der technischen und der juristischen Diskussionsebene stattfinden sollte.

Möge das Werk einige Denkanstöße dafür liefern! Alle Herausgeberinnen und Herausgeber werden weiterhin an der Thematik arbeiten!

Deutsch-französische Tagung „Die obligatorische Schlichtung/Mediation im Zivilprozess in Deutschland und Frankreich“

Am Fachbereich Rechtswissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg organisiere ich mit dem CERCRID (Universität Jean Monnet Saint-Étienne) am 27. und 28. Juni 2022 ein gemeinsames deutsch-französisches Seminar zum Thema „Die obligatorische Schlichtung/Mediation im Zivilprozess in Deutschland und Frankreich“ . Im Seminar soll in mehreren World-Café-Runden ein intensiver Austausch deutscher und französischer Wissenschaftler/-innen, Schlichter/-innen, Richter/-innen sowie weiterer an der Thematik der einvernehmlichen Streitbeilegung interessierter Personen stattfinden. Diskutiert werden verschiedene, im Zwischenbericht des Forschungsvorhabens aufgeworfene Fragen der obligatorischen Schlichtung/Mediation im Zivilprozess in Deutschland und Frankreich. Ziel ist es, auf diesem Wege rechtsvergleichende Erkenntnisse bzw. Vorschläge zur Praxis und Ausgestaltung der obligatorischen Schlichtung in beiden Ländern zu gewinnen.

Interessierte sind herzlich zu dieser Veranstaltung eingeladen!

Bei Interesse am Programm, an einer Teilnahme bzw. den Arbeitsergebnissen freue ich mich über eine kurze Mail!

Videodokumentation „Digitalisierung von Zivilprozess und Rechtsdurchsetzung“

Zur von mir mitveranstalteten Tagung „Digitalisierung von Zivilprozess und Rechtsdurchsetzung“ am 1./2.7.2021 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) sind nun die Videoaufzeichnungen der Vorträge und der Diskussionen verfügbar.

Sie sind über den Link https://www.digitalisierung-zivilprozess2021.fau.de/video-dokumentation-der-tagung/ erreichbar.

Ein Tagungsband, der in der Reihe Schriften zum Prozessrecht (PR) bei Duncker & Humblot erscheinen wird, ist in Vorbereitung.

Tagung „Digitalisierung des Zivilprozesses und der Rechtsdurchsetzung“ am 1./2. Juli 2021

Die Digitalisierung der Ziviljustiz ist derzeit in aller Munde. Am 7. Januar 2021 hat die Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses“ ein Diskussionspapier vorgelegt, das seitdem vielfach Gegenstand von Diskussionen und Veranstaltungen war.

In einer gemeinsam mit Kollegen aus der Rechtswissenschaft und der Informatik (Prof. Dr. Axel Adrian, Prof. Dr. Stefan Evert und Prof. Dr. Michael Kohlhase) veranstalteten Online-Tagung „Digitalisierung von Zivilprozess und Rechtsdurchsetzung“ am 1. und 2. Juli 2021 wollen wir das Diskussionspapier um interdisziplinäre, internationale und technische Aspekte ergänzen.

Weitere Informationen auf der Homepage der Tagung unter https://www.digitalisierung-zivilprozess2021.fau.de/

Einen Blog-Beitrag zum Thema habe ich im MDR-Blog veröffentlicht: https://blog.otto-schmidt.de/mdr/2021/06/15/digitalisierung-von-zivilprozess-und-rechtsdurchsetzung/